Tennis for two, Pong game

Was war das erste Videospiel überhaupt?

Im Herbst 1958, als die Welt noch im Kalten Krieg und dem Wettlauf ins All gefangen war, geschah in einer ruhigen Ecke des Brookhaven National Laboratory etwas völlig Unerwartetes. Inmitten der geschäftigen Atmosphäre der wissenschaftlichen Forschung bereitete sich **William Higinbotham**, ein Physiker, der einst am Manhattan-Projekt gearbeitet hatte, darauf vor, das zu enthüllen, was – ohne es zu wissen – das **erste Videospiel** der Welt werden sollte.

Higinbotham wurde 1910 in Bridgeport, Connecticut, geboren und war mit Spitzentechnologie bestens vertraut. Nachdem er im Zweiten Weltkrieg an Radarbildschirmen gearbeitet und wichtige Systeme für die Atombombe entworfen hatte, leitete er nun die Instrumentation Group von Brookhaven. Dieses Mal war sein Projekt jedoch anders – weit entfernt von den Bomben und der Technologie, die einen Großteil seiner Karriere ausmachten. Es war eine einfache, aber bahnbrechende Idee: **Tennis for Two**, ein Spiel, das die Unterhaltung für immer verändern sollte.



Damals veranstaltete Brookhaven jährlich Tage der offenen Tür, um der Öffentlichkeit wissenschaftliche Errungenschaften vorzustellen. Doch Higinbotham fiel etwas auf – viele der wissenschaftlichen Ausstellungen waren trocken und zu technisch, um den normalen Besucher zu fesseln. Also kam er auf eine Idee, die das Publikum nicht nur fesseln, sondern ihnen auch die Wissenschaft näherbringen sollte: **ein interaktives Tennisspiel, das auf einem Oszilloskop angezeigt wird**.

Mit einem kleinen Analogcomputer und einem Oszilloskop, das die Bewegung eines springenden Balls nachahmen konnte, entwickelten Higinbotham und sein Techniker Robert Dvorak das Spiel in nur wenigen Wochen. Was sie schufen, war täuschend einfach – ein **Spiel für zwei Spieler**, bei dem jeder Teilnehmer einen Ball hin und her schlagen konnte, indem er einen Knopf drehte und einen Knopf drückte. Das Spielfeld bestand nur aus einem Paar Linien auf dem Bildschirm und der Ball war ein leuchtender Punkt. Aber das Spiel war faszinierend. Als der Ball über den Bildschirm segelte, war die Menge fasziniert.

Als Higinbotham 1958 beim Tag der offenen Tür „Tennis for Two“ vorstellte, strömten die Besucher herbei. Lange Schlangen eifriger Spieler schlängelten sich durch das Labor und warteten auf ihre Chance, das Spiel auszuprobieren. Das Erlebnis war anders als alles, was sie je zuvor gesehen hatten. Die Spieler konnten den Winkel ihrer Schläge anpassen, den Ball über das Netz fliegen lassen und sogar die befriedigende Physik eines Balls genießen, der auf dem Platz aufprallt. Einen Nachmittag lang staunten Wissenschaftler und die Öffentlichkeit gleichermaßen über das, was wie **Magie im Entstehen** schien.

Higinbotham sah das allerdings anders. Für ihn war es nur ein weiteres Ausstellungsstück, eine unterhaltsame Demonstration der Technologie des Labors. Im folgenden Jahr verbesserte er es, indem er größere Bildschirme und eine Funktion zur Schwerkraftanpassung einführte – so konnten die Spieler Tennis auf dem Mond, der Erde oder sogar dem Jupiter erleben. Doch nach zwei Jahren wurde das Oszilloskop einem anderen Zweck zugeführt und Tennis for Two geriet in Vergessenheit.



Was diese Geschichte wirklich bemerkenswert macht, ist, dass **Higinbotham die Größe seiner Schöpfung nicht erkannte**. Zu einer Zeit, als Computer noch riesige, klobige Maschinen waren, war die Idee interaktiver Unterhaltung fast unvorstellbar. Trotz seines fundierten technischen Hintergrunds sah Higinbotham Videospiele nie als die revolutionäre Kraft, die sie später werden sollten. Er tat die langen Schlangen von Spielern bei der Brookhaven-Ausstellung als Zeichen dafür ab, dass andere Ausstellungen langweilig seien, und nicht als Zeichen dafür, dass seine Schöpfung ihrer Zeit voraus sei.

In den 1970er Jahren, als **Pong** in die Spielhallen kam und **Heimvideospielsysteme** die Wohnzimmer eroberten, war Higinbothams Beitrag fast vergessen. Erst in einem Rechtsstreit um Videospielpatente in den 1970er Jahren wurde seine Rolle wiederentdeckt, als er aufgefordert wurde, über seine früheren Arbeiten auszusagen. Aber zu diesem Zeitpunkt waren Videospiele bereits eine eigene kulturelle Kraft.

Higinbothams Vermächtnis ist bittersüß. Obwohl er dabei half, eine ganze Branche zu begründen, wird er oft eher für seine Beiträge zur **nuklearen Rüstungskontrolle** in Erinnerung behalten, als Mitbegründer der Federation of American Scientists. Doch aus den Samen, die er 1958 mit Tennis for Two pflanzte, wuchs eine milliardenschwere Unterhaltungsindustrie – eine Industrie, die heute die Fantasie von Millionen Menschen auf der ganzen Welt beflügelt. **Unabsichtlich war William Higinbotham die Geburtsstunde des Videospiels**.

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